Es gibt einen Punkt, an dem der Körper nicht mehr mitmacht.
Nicht, weil er schwach wäre.
Sondern weil er zu lange versucht hat, stark zu bleiben.
Ich habe diesen Punkt nicht an einem großen Tag entdeckt.
Es war kein Zusammenbruch.
Keine dramatische Szene.
Es war ein Morgen wie jeder andere.
Ich wachte auf und fühlte mich leer. Nicht müde – leer.
Der Akku war nicht niedrig.
Er war tot.
Ich saß am Rand des Bettes, die Füße auf dem Boden, und wartete darauf, dass mein System startet. So wie früher. So wie immer.
Aber es startete nicht.
Keine Energie, kein „Los geht’s“, keine Basisspannung.
Ich war einfach… flach.
In der Vergangenheit hätte ich mich durch den Tag geschoben.
Kaffee, Arbeit, ein Training, das ich irgendwie drangehängt hätte, um „drin zu bleiben“.
Ich nannte das früher Disziplin.
Heute weiß ich: Es war Ignoranz.
Ich hatte keine Ahnung, wie deutlich der Körper spricht, wenn man lange genug nicht hinhört.
Der Körper sendet Warnsignale – aber leise
Er sendet sie nicht als Schmerz.
Nicht als Krankheit.
Nicht als lautes Alarmsignal.
Er sendet sie als:
- sinkende Motivation
- schlechteren Schlaf
- flachen Puls
- eingeschränkte Belastbarkeit
- unruhiges Nervensystem
- diffuse Gereiztheit
- ständiges „Ich schiebe es auf später“
Er sendet sie als Alltag.
Und genau deshalb überhört man sie.
Ich war genau dort.
Auf Autopilot.
Getragen von Reflexen und Routinen, die mich zwar funktional machten, aber nicht gesund.
Der Wendepunkt
Der Wendepunkt kam in Form eines simplen Körperwerts: meiner HFV.
Die Herzfrequenzvariabilität (HRV) ist eines der präzisesten Signale dafür, wie es deinem Nervensystem wirklich geht. Sie misst, wie stark dein Herzschlag von Schlag zu Schlag variiert – ein Marker für Anpassungsfähigkeit, Belastbarkeit und Erholung. Eine hohe HRV bedeutet: dein Körper ist flexibel, reagiert ruhig und kann Stress verarbeiten. Eine niedrige HRV bedeutet: dein System steht unter Druck, arbeitet härter als es sollte und verliert an Stabilität. Der Körper beginnt sich zu wehren, lange bevor du es bewusst bemerkst – und die HRV macht genau das sichtbar.
Eine Zahl, die aussah wie jede andere, aber etwas Entscheidendes zeigte:
Mein Nervensystem war im Alarmmodus.
Nicht für einen Tag.
Nicht für zwei.
Für Wochen.
Und ich hatte es nicht bemerkt.
Stress hatte sich nicht als Stress angefühlt.
Er hatte sich als „mein normaler Zustand“ versteckt.
Ich hatte vergessen, wie sich Ruhe anfühlt.
Wie sich echte Energie anfühlt.
Wie es ist, morgens aufzustehen und nicht innerlich gegen einen Widerstand anzulaufen.
Der Moment der Erkenntnis
Ich spazierte an diesem Morgen durch die Wohnung.
Kein Training, kein Kaffee, keine Routine.
Ich ging einfach – langsam, fragend, unfokussiert.
Und in diesem Gehen kam der Gedanke:
„Ich bin nicht müde. Ich bin erschöpft.“
Diese Unterscheidung hat mein komplettes Leben verändert.
Müdigkeit ruft nach Schlaf.
Erschöpfung ruft nach systemischer Veränderung.
Müdigkeit ist ein Zustand.
Erschöpfung ist ein Zustand ohne Ende.
Müdigkeit ist normal.
Erschöpfung ist chronisch.
Ich hatte jahrelang versucht, Müdigkeit mit mehr Training, mehr Ordnung, mehr Disziplin zu „lösen“.
Und war blind dafür, dass mein Körper einen ganz anderen Auftrag hatte:
„Reduziere.
Regeneriere.
Beruhige.“
Was der Körper wirklich braucht
Erschöpfung lässt sich nicht trainieren.
Sie lässt sich nicht wegorganisieren.
Sie lässt sich nicht durch „Gas geben“ überwinden.
Was sie braucht, ist:
- Schlaf, der repariert
- Tage, die nicht überlasten
- Training, das stabilisiert statt reizt
- Ernährung, die Energie liefert statt Energie fordert
- ein Nervensystem, das wieder in den Parasympathikus findet
- und Pausen, die man nicht rechtfertigt
Der Körper erholt sich nicht durch Härte.
Er erholt sich durch Bedingungen.
Was ich verändert habe
Ich habe begonnen, nicht mehr das Maximum zu suchen – sondern das Gleichgewicht.
- weniger Intensität
- mehr LIT
- mehr Schlaf
- mehr einfache, saubere Mahlzeiten
- weniger Dopamin-Zerstreuung
- mehr Ruhefenster
- weniger „Ich muss trotzdem“
- mehr „Was hilft meinem System?“
Und irgendwann – still, unscheinbar – kam die Energie zurück.
Nicht als Kick.
Als Stabilität.
Schlussgedanke
Der Körper wehrt sich nicht gegen Belastung.
Er wehrt sich gegen Überlastung.
Und er tut das lange, bevor wir es merken.
Der Körperprotokoll Blog ist meine Art, diese Warnsignale sichtbar zu machen.
Damit du sie erkennst, bevor du an dem Punkt stehst, an dem nichts mehr funktioniert.


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